'Between Net Zero and Collapse'
Eine außergewöhnliche Podiumsdiskussion mit dem Titel "Between Net Zero and Collapse" fand am 4.12.2025 an der Uni Graz statt:
" Was ist beim Klimaschutz noch möglich? Müssen wir uns auf den Kollaps vorbereiten? Können wir die Situation noch wenden? " - Einblicke aus 3 Perspektiven und offene Diskussion
U.a. sprach eine Expertin für Gesellschaftliche Auswirkungen des Klimawandels bemerkenswert
offen über Erfahrungen, die sie bei ihrer Teilnahme an der heurigen
Weltklimakonferenz (#COP30) in Belém gemacht hat.
Der Saal, in dem dieses Event stattfand, war zwar nicht sonderlich groß, doch
gut gefüllt. Was Univ.-Prof. Otto den (vorwiegend jungen) aufmerksamen Zuhörern
erzählte, wäre es wert gewesen, ein weit größeres Publikum zu haben. Ich möchte
daher hiermit zumindest den Inhalt ihres Eingangsstatements (gekürzt und in
eigenen Worten) wiedergeben.
Wie die Wissenschaftlerin erklärte, war es ihre erste Gelegenheit, eine COP zu besuchen. Sie nahm dort an diversen Nebenveranstaltungen der Konferenz teil. Nachträglich empfinde sie es insgesamt als wichtige Erfahrung, die dortigen Prozesse von innen gesehen zu haben, auch weil sie in diesem Bereich unterrichtet.
Gerade auch deswegen war sie sich ihrer Reise-Emissionen natürlich
bewusst und darüber besorgt. Dennoch sei sie der Meinung gewesen, es wäre
wichtig, dort dabei zu sein und es mitzuerleben. Denn es habe vorab gute
Argumente dafür gegeben, wie z.B.:
Diese Konferenz könnte sehr wichtig werden, da sie indigene Gruppen einbeziehe.
Sie könnte sogar der Durchbruch für ein neues hochrangiges Klimaschutzabkommen
sein. Dies sei ein etwas naiver Ansatz gewesen: Okay, ich gehe dorthin und sehe,
was passiert.
Zwar habe es auch Positives gegeben, sagt sie. Es sei viel über den Schutz der Wälder, das Leben der Ureinwohner und ähnliches diskutiert worden.
Hierauf folgte ein richtig großes ABER. Nämlich:
Die wichtigste Diskussion sei NICHT Teil der Konferenz gewesen:
Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen.
Es sei enttäuschend gewesen zu sehen, dass die wichtigste
Maßnahme zur Begrenzung der globalen Erderhitzung
- der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen -
in keiner Sitzung der Weltklimakonferenz COP30 behandelt wurde.
Es gab Sitzungen über Indigenous Rights, Gender Rights und Youth Rights, Adaption Funding und Carbon Credits, doch ein schrittweiser Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen war kein Teil irgendeiner Vereinbarung oder Sitzung.
Auch die Rolle der indigenen Gruppen bei der COP zu sehen, war für sie eine Enttäuschung. Die Konferenz wurde in den Medien als „Konferenz der indigenen Gruppen“ beworben und dargestellt. Über die Medien wurde etwa damit geworben, dass Indigene mit Booten anreisen würden, da Belém am Amazonas liegt.
Die indigenen Gruppen blieben am Veranstaltungsgelände aber fast
ausschließlich in der Grünen Zone. Das ist die Zone, die für die Öffentlichkeit
zugänglich ist.
Aber sie hatten keinen Platz in der regulierten Blauen Zone (für offizielle
Verhandlungen), dort waren nur wenige ihr Vertreter zugelassen. Und auch die
durften wohl nicht viel mehr als ihre Papers präsentieren.
Sogar in der grünen Zone hatten die Indigenen keinen richtigen Platz. Diese Leute saßen dort und da auf dem Boden. Sie verkauften Kleinigkeiten oder machten Henna-Tattoos. Sie hatten keinen eigenen Bereich, in dem sie sich hätten aufhalten und sagen können: Das ist unser Bereich, den wir organisieren.
Die Wissenschaftlerin habe daher das Gefühl, die Indigenen seien auf der COP in gewisser Weise missbraucht worden. Sie wurden in den Medien präsentiert, aber es gab keinen Platz für sie. Sie hatten keine Stimme, sie waren nicht Teil irgendeiner bedeutenden Veranstaltung.
Auch die Rolle der Wissenschaft sei enttäuschend gewesen. Viele Wissenschaftler waren vor Ort und nahmen an den Nebenveranstaltungen teil, die interessant waren und es gab viele Diskussionen zu verschiedenen Themen. Doch nur sehr wenige Delegierte, also Regierungsvertreter, nahmen an diesen Nebenveranstaltungen teil.
Die Wissenschaftler sprachen somit hauptsächlich mit anderen Wissenschaftlern. Nur ab und zu war auch jemand aus der Wirtschaft oder vielleicht aus einer lokalen Regierung dabei.
Dies habe ihr das Gefühl gegeben, dass auch die Wissenschaftler bei der COP in gewisser Weise missbraucht wurden. Eigentlich sollten sie sich mit den Delegierten austauschen und vernetzen. Aber es gab für sie nur diese Nebenveranstaltungen und die Delegierten waren nicht wirklich dabei.
Die Wissenschaftlerin sprach eine Delegation auf diesen Umstand an, und bekam von Delegierten zur Antwort, sie hätten keine Zeit, dorthin zu gehen, weil sie Verhandlungen führen und sich intensiv darauf vorbereiten müssten. Es gab also kaum Möglichkeit für einen Austausch.
Positiv seien für die Wissenschaftlerin einige Sitzungen gewesen, die von der Schifffahrtsindustrie organisiert wurden. Als sie diese besuchte, wäre sie positiv überrascht gewesen, denn die Botschaft der Schifffahrtsindustrie lautete:
Ja, wir wissen, dass wir uns transformieren müssen, dass wir uns von fossilen Brennstoffen verabschieden müssen. Es gäbe Technologien dafür, und es sei möglich, diese umzusetzen. Aber sie erforderten eine Menge Investitionen.
Daher benötigten sie die Unterstützung der Nationalstaaten. In gewisser Weise fordern diese Unternehmen also klare Regeln für den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe. Denn, sie möchten sich darauf verlassen können, dass sich die Investitionen auszahlen, wenn sie sie tätigen. Wenn aber die fossilen Brennstoffe nicht auslaufen, würden Unternehmen, die investiert haben, benachteiligt werden.
Prof. Dr. Otto kam zu folgendem Fazit:
Alles liege an der Zivilgesellschaft, aber auch den Unternehmen und Organisationen.
Sie sei sehr pessimistisch, was den COP-Prozess angeht: Dieser werde keine Lösung bringen.
Umso härter müssten wir alle - Zivilgesellschaft und Organisationen - daran arbeiten, etwas zu erreichen.
Sie sagte sehr klar:
Die Probleme werden nicht von den Nationalstaaten gelöst werden.
--
Bis hierhin - im WarmUp - das für COP-Kenner Erwartbare.
Das wirklich Außergewöhnliche war jedoch, dass gerade durch diesen
Moment der Anerkennung offensichtlichen Scheiterns der internat. und
nationalen polit. Prozesse eine gute Überleitung geschaffen wurde zum
Thema, welches fortan den Diskussionsabend dominierte. Nämlich, als sehr
erwartbare Konsequenz umfangreicher wissenschaftlicher, als i.d.F. auch
sehr persönlicher Erkenntnisse: Ein Kollaps der modernen Gesellschaft,
welcher bereits angestoßen ist (und imo weitgehend ungebremst
fortschreiten wird).
Uni-Prof. Axel Maas, welcher, um dem universitären Setting gerecht zu werden, in einer Aktivistenrolle an der Diskussion teilnahm, nahm in Folge die Möglichkeit wahr, das internationale Collapse Movement vorzustellen, sowie zu erläutern, was hierzu auf lokaler Ebene auf die Beine gestellt wird.
Bisher von der breiten Öffentlichkeit noch recht unbemerkt, formieren sich solidarische Gemeinschaften kollapsbewusster Menschen aus der Zivilbevölkerung, und organisieren z.B. offene "Kollaps Cafés" für unkonventionellen Gedankenaustausch, Kollapscamps, Arbeitstreffen, Online-Chats u.v.m.).
Axel Maas (Bluesky: https://axelmaas.bsky.social ) engagiert sich selbst in dieser Graswurzelbewegung (bzw. #Graz-Wurzelbewegung ;)). Viele eigene Gedanken durfte ich seinen Statements auf offener Bühne wiederfinden, und ihn inzwischen sogar persönlich bei einem Kollapscafé-Treffen kennenlernen. Danke dafür!
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Nächste Möglichkeit, um das "Kollaps Café" Graz kennenzulernen:
11.1.2026, ab 14:30 Uhr, schubertNEST

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